Früher hab' ich Migranten unterrichtet...

In Rahmen des UNESCO Projekts unserer Schule, haben wir das Glück gehabt, nicht nur mit österreichische Jugendlichen zu reden, sondern auch mit einer Lehrerin. Das Interview haben wir mit Renate Trimmel gemacht, ehemalige Lehrerin der AHS in Wien. 

1. Stellen Sie sich kurz vor, woher kommen Sie, was und wo  arbeiten Sie?
Ich war AHS Lehrerin in Wien, habe Deutsch und Sport unterrichtet,  bin bereits in Pension und arbeite derzeit mit Asylwerbern

2. Früher haben Sie also als Lehrerin gearbeitet. Wie alte SchülerInnen haben Sie unterrichtet?
10-18 Jährige- besondere Experten waren 20 Jahre alt

3. In der Schule, wo Sie gearbeitet haben, findet die Integration für Kinder von Familien, die ursprünglich nicht aus Österreich stammen statt. Was ist Ihre Meinung über die Wirksamkeit der Integration?
Sie funktioniert, wenn die Eltern mitarbeiten. Aber es gibt auch Eltern, die erklären, meinen Kindern soll es einmal besser gehen, ohne sich zu engagieren. In diesem Fall schaffen vor allem türkische Schüler (die Mädchen sind meist erfolgreicher) die Integration weniger (Ausnahmen gibt es immer, aber mit Unterstützung der Eltern) selten, brechen die Schule ohne oder nur mit Grundschulzeit ab und haben danach große Probleme eine Lehrausbildung zu absolvieren. Die Folge ist die Bildung einer Parallelgesellschaft

4. Gab es Schwierigkeiten mit den SchülerInnen in der Schule? Wenn ja welcher Art? Benehmen sie sich vorbildlich, oder gibt es mehrmals Probleme mit ihnen?
Lernschwierigkeiten gibt es, aber soziale Schwierigkeiten gibt es kaum mehr als bei anderen Schülern.

5. Wie sieht die Schüler-Lehrer Beziehung in dieser Schule aus? Anders als in anderen Schulen?
Sie unterscheidet sich nicht von anderen öffentlichen Schulen

6. Was meinen Sie, bedeutet die jetzige Migration ein Problem für die Integration der Migranten?
Ich lerne mit Asylwerbern. Nahezu alle sind extrem motiviert, obwohl alle, die Englisch nicht beherrschen, erst unsere Schrift erlernen müssen. Einige haben bereits die ersten Deutschprüfungen absolviert. Nahezu alle passen sich unserer Lebensweise sehr schnell an und sind glücklich endlich in Frieden leben zu können, obwohl sie ihre Familien zurücklassen mussten. Wenn sie betreut werden, gibt es keine Anpassungsprobleme. Probleme gibt es in den Gemeinden, wo man nur selten Sprachunterricht gibt und sich nicht um sie kümmert..

7. Was machen Sie jetzt? Was tun Sie in dieser schweren Situation für die Flüchtlinge?
Ich gebe Sprachunterricht, gehe zusätzlich sehr häufig mit ihnen spazieren, damit sie möglichst oft Deutsch sprechen, bemühe mich um Kontakte für sie- es ist aber leider schwierig, sie in die Dorfgemeinschaft zu integrieren, weil die meisten Einwohner ungeheure Angst vor Fremden haben und völlig aus der Luft gegriffene Vorstellungen von Islamis vorherrschen. Außerdem bemühen wir uns um Ausbildungsmöglichkeiten für sie und um günstige Wohnungen. Ich habe mittlerweile Probleme damit, einen negativen Asylbescheid für den einen oder anderen zu akzeptieren, denn ich hätte mir öfter Schüler wie sie gewünscht.

8. Könnten Sie bitte über Ihre Erfahrungen berichten? Was finden Sie schwer?
S.o. Die Akzeptant durch die Bevölkerung ist für mich ein großes Problem. Wenn z.B.80 Jährige  fürchten abends nach Hause zu gehen, weil sie Angst haben, von 20-28 Jährigen vergewaltigt zu werden, so weiß ich nicht, soll ich lachen oder weinen. Es wäre schön, wären alle österreichischen Jugendlichen so höflich und hilfsbereit, wie meine afghanischen und syrischen Schüler. Ich kann allerdings nur für meine Schüler sprechen. In der Stadt, wo die Betreuung naturgemäß nicht so gut funktioniert, gibt es sicher mehr Probleme. Ein Problem wird sicher, für sie Existenzgrundlagen zu schaffen, wenn sie aus der staatlichen Betreuung herausfallen.

#diakreporters